A wie Alleinerziehend oder auch A wie Arsch der Gesellschaft.
- Fräulein
- 23. Mai 2018
- 4 Min. Lesezeit
Mit Kindern ändert sich so einiges im Leben. Zum Beispiel Beziehungen zwischen Mann und Frau die nun auch Mama und Papa sind. Aber auch die Art der Trennung ändert sich mit dem Nachwuchs.
So zog man früher einfach zusammen und wieder auseinander und jeder ging anschließend seinen Weg. Doch als Mutter und Vater wird diese ganze Umstrukturierung komplizierter, schmerzhafter und vor allem bürokratischer. Das wir auseinander ziehen wollten stand schon länger im Raum. Doch wie fängt man das an mit diesem kindlichen Rattenschwanz der weiterhin versorgt und umsorgt werden muss ? Vor allem wenn beide Parteien nicht sonderlich gut kooperieren. So ganz ohne Kind hätte man einfach sein Zeug zusammen packen und alles hinter sich lassen können doch mit Kindern und noch dazu in der Elternzeit , stand erst einmal der Weg zum Amt an.
Doch zu welchem Amt ?
Ich war sehr lange unsicher welches Amt für uns die richtige Anlaufstelle sei also kontaktierte ich das Jugendamt.
Bzw kontaktierte das Jugendamt mich. Im Rahmen der Geburt meiner zweiten Tochter stellte sich routinemäßig eine Sozialarbeiterin bei uns vor und ich Ergriff die Chance und sprach sie auf unsere derzeitige Situation an.
Es dauerte nicht lang und sie stellte für mich den Kontakt zum Jugendamt her. Meines Wissens nach kann man das auch ganz leicht über das Bürgertelefon. Es geht dabei um den Anfangsbuchstaben des Nachnames.
Ich vereinbarte mit der Dame also einen Termin und ging davon aus das sie zunächst die Wohnsituation mit mir besprechen wird und welche Schritte ich als nächstes gehen werde um eine neue , bezahlbare Wohnung für die Kinder und mich zu finden.
Allerdings ging es gleich zur Sache und sie lenkte das Thema in Richtung Unterhalt. Ein leider ziemlich schwieriges und meiner Meinung nach immer noch unangenehmes Thema im Rahmen einer Trennung. Aber Fakt ist das auch das angegangen werden muss da das Amt auch nicht alles übernehmen wird.
Aber welches Amt übernimmt überhaupt etwas für uns ? So bin ich ja eigentlich berufstätig und nicht arbeitslos. Was steht uns also nun eigentlich alles zu ?
Neben der Beantragung der Beistandschaft beim Jugendamt , legte mir die Dame nah beim JobCenter vorzusprechen da mein Konto sich im tiefsten Minus befand. Das Elterngeld war noch nicht durch und die Miete war fällig also musste ich mein Konto gnadenlos überziehen.
Nachdem ich also in Zimmer A war um die Beistandschaft zu beantragen ( die Beistandschaft regelt alle Angelegenheiten die mit dem Unterhalt zu tun haben damit Mutter und Vater das nicht unter sich aus machen müssen ) , wurde ich in Zimmer B geschickt um einen Unterhaltsvorschuss zu beantragen. Allerdings hat man darauf erst ein Anrecht wenn man vom anderen Elternteil getrennt lebt, zuvor wird davon ausgegangen das alle anfallenden Kosten gemeinsam bestritten werden bzw das der Verdienende den Löwenanteil übernimmt.
Wenn man also mit dem anderen Elternteil zusammen lebt und kein angemessener Unterhalt gezahlt wird, ist man quasi am Arsch. Soviel dazu. Aber wenn man sich in Elternzeit befindet dann hat man heutzutage auf dem Wohnungsmarkt so gut wie keine Chance.
Man könnte also auch sagen das man als potentieller alleinerziehender Elternteil der gesellschaftliche Arsch ist. Ok, genug >Arsch< in diesem Artikel verwendet. Im Anschluss machte ich mich direkt auf dem Weg zum JobCenter.
Ich muss sagen das das eine komische Erfahrung war. Ich möchte niemanden verurteilen oder schlecht über Bezugsnehmer urteilen aber ich schämte mich bei diesem Gang zum Amt.
Eine unabhängige , starke und sich versorgenden Frau wollte ich immer sein und dann bekam ich Kinder. Ich habe ja eigentlich einen Job, bin gesund und arbeitsfähig und dennoch sitze ich jetzt hier und muss nach Geld fragen weil ich mich und meine Kinder nicht ernährt bekomme. Weil ich nicht weiß wovon ich uns etwas zu Essen kaufen soll , weil ich den Weg hier her laufen musste da das Geld für den Sprit nicht mehr gereicht hatte. Ich kam mir so armselig vor und drückte mir selber diesen unbequemen Stempel auf. Dabei können wir froh darüber sein das wir in Deutschland solche Anlaufstellen haben , anstatt über jeden zu urteilen der durch diese Tür geht.
Auch erlebte ich die Mitarbeiter ganz anders als ich sie mir von der Ferne vorgestellt hatte. Freundlich , zuvorkommend und verständnisvoll. Aber ich glaube das innerhalb dieser Mauern das Gesetz herrscht > Wie es in den Wald hinein schallt , so schallt es auch hinaus. < Ich fragte mich beim Sicherheitspersonal zur Empfangshalle durch und von dort aus bekam ich eine Nummer zugeteilt.
Meine Sachbearbeiterin hörte sich kurz und knapp an was mich zu ihr führte und gab mir eine Checkliste mit Unterlagen die ich zur Antragstellung benötigte. Von dort aus wurde ich zum Jobvermittler oder ähnlichem geschickt, was eine reine Routine war. Aber erst nach dem persönlichen Gespräch mit dieser Abteilung wurden mir die nötigen Antragsformulare am Empfang ausgehändigt.
Das JobCenter möchte also sicher gehen das man sich um ein Job Gespräch bemüht eh man die Möglichkeit erhält Bezüge zu beantragen. Clever.
Im Zuge der Aushändigung erhielt ich auch einen Termin zur Abgabe der Formulare. Und erst wenn der Antrag zum SGB 2 durch ist bekomme ich alle nötigen Unterlagen um einen WBS Schein beantragen zu können. Erst dann können wir umziehen und erst dann kann ich einen Unterhaltsvorschuss beantragen.
Ich bin ehrlich gesagt ziemlich erleichtert das wir jetzt in diesem Prozess sind da ich lange Zeit den Wald vor lauter Bäume nicht gesehen habe. Mein Fakt war das mein Geld nicht ausreichte und das die Wohnsituation für alle teilweise untragbar wurde. Aber wo sollte ich anfangen ? Wo sollte ich was beantragen ?
Ich habe Angst vor diesem Schritt. Angst vor dem Ausziehen , Angst vor der Veränderung und was sie mit uns macht. Und ich habe Angst davor Bezüge zu beziehen da ich mich unendlich dafür schäme. Aber so spielt nun einmal das Leben und es werden wieder bessere Tage kommen.
Wenn alle derzeit laufenden Anträge durch sind dann gibt es im späteren Verlauf noch die Möglichkeit einen Kinderzuschuss zu beantragen, dass ist dann quasi ein erhöhtes Kindergeld, sowie Wohngeld aber soweit ich das verstanden habe würde uns das nur zustehen wenn mein Gehalt später nicht für uns Drei ausreicht. Es gibt hier bei uns in Berlin tolle Organisationen die bei jeglicher Form von sozialen Anträgen helfen. Ich hatte mich an die Damen von Offensiv 91 gewandt , welche auch eine Familien Hebamme vermitteln können. Sicherlich gibt es ähnliche Organisationen in allen Großstädten.

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