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Er liebt mich, er liebt mich nicht.

  • Autorenbild: Fräulein
    Fräulein
  • 10. Mai 2019
  • 5 Min. Lesezeit


Der Winkel-Maßstab der Gerichtsmedizinern bewegte sich über ihren Oberschenkel. Der Auslöser der Kamera wurde betätigt. Dieses Hämatom gab es nun für die Ewigkeit. Festgehalten in einer Akte. Eine Akte über sie. Über das was er getan hatte. Sie hätte das Hämatom verheilen lassen können. Ihn verheilen lassen können aber man riet ihr dazu sich zu wappnen. Er würde sie noch nicht in Ruhe lasse. Zu groß war seine innere Unruhe, weil sie sich wehrte, gewehrt hatte.

Sie brach aus dem Kreis der emotionalen so wie körperlichen Gewalt aus.

Es war das erste Mal gewesen das sie Spuren davon trug. Zuvor konnte er verheimlichen und überreden was vorgefallen war. Dieses Mal nicht. Dieses Mal waren die Spuren so prägnant und großflächig das sie die Gewalt im eigenen Zuhause beweisen konnte.

Die Verletzungen ihrer Seele waren allerdings so viel tiefer, größer und schmerzhafter. Die blauen Flecken auf ihren Beinen und Armen waren Stellvertreter für die Verletzungen, die er ihr mit den Demütigungen und der emotionalen Gewalt zugefügt hatte. Gerecht wurden sie dem Ausmaß dessen nicht. Aber es war zumindest ein kleiner, sichtbarer Beweis für das was er getan hatte.


Einige Monate zuvor. Phase eins der Manipulation.


Fleurop klingelte an der Tür.

Sie hatte ihm am Abend zuvor gesagt das sie sich unsicher sei mit dem was zwischen ihnen war. Da war so ein Bauchgefühl das sie nicht zuordnen konnte. Und dann kam da dieser Blumenstrauß. Rot und ausladend.

Da steckte so viel Aufmerksamkeit hinter. So viel mehr Hingabe und Zuwendung als sie es aus der Beziehung mit dem Kindsvater gewohnt war. Sie sollte sich nicht selber im Wege stehe mit ihren dummen Zweifeln und dem Misstrauen das sie seit ihrer letzten Trennung in sich trug.

Er würde für sie da sein. Sie in ihrer Arbeit unterstützen. Gemeinsam kommt man weiter , ist stärker. Sie sollte all das nicht mehr allein stemmen müssen. Sie wären ein Team. Sie solle zu ihm ziehen.

Über 100qm , Kinderzimmer, Garten, eine Vaterfigur, ein Partner an ihrer Seite. Dinge die der Kindsvater nie bot. Dinge die sie allein nie bieten konnte. Und dann seine Zuwendung. Ihre Kinder bekamen so viel Zuwendung von einem Vater wie niemals zuvor.

Doch da war es wieder dieses Bauchgefühl.

Wenn sie ihm nicht vertraute, wenn sie sich stets ein Hintertürchen offen hielt dann dürfe sie sich nicht wundern wenn sie allein blieb. Dieses Misstrauen ihrerseits verletzte ihn , kränkte ihn, er wollte ihr das doch alles beweisen.


Der Einzug.


Ihr Magen drehte sich als sie ihre Klamotten in den Kleiderschrank einräumte. Das war nicht ihr Kleiderschrank, genau genommen war es die Schrankhälfte einer anderen Frau die vor nicht allzu langer Zeit hier gelebt hatte. Ihre Pullover in diesem fremden Schrank sahen nicht nach einem Zuhause aus. Sie stülpte sich das Leben einer anderen über. Immer wieder mit seinen Worten im Ohr das es ihn verletzte wenn sie jetzt einen Rückziehen machen würde. Er hätte sie doch so gern bei sich. Sie und ihre Kinder.

Es roch fremd, es sah fremd aus und es fühlte sich fremd an. Diese Wohnung war vollends eingerichtet und wie aus einem Katalog entsprungen. Sie konnte nur die beiden Kinderbetten und eine Kommode mitnehmen. Den Rest wollte er los werden. Ihre Möbel würden nicht hinein passen und was ihr fehlte, würden sie neu kaufen. Er öffnete ihr die Tür in den goldenen Käfig und stieß sie wortgewandt hinein. Reden, einreden, überreden , ja das konnte er. Zugut. Sein Charme, seine ruhige und besonnene Stimme traf stets die richtige Wortwahl um ihre Zweifel zu zerstören.


Zwei Wochen nach Eintreten der abhängigen Situation.


Er hatte einen Rahmen geschaffen in dem sie begrenzt handlungsfähig war.

Verbale Demütigung, so subtil, so unterschwellig, beinah beiläufig.

Erst in Gegenwart anderer fielen ihr die starken Spitze auf die er ihr zufügte.

„Wie redet er mit dir?“ – Sprach sie ihre Freundin an, als sie sich einen Augenblick unbeobachtet fühlten. Doch irgendwie waren sie das nie so wirklich. Er wusste stets was vor sich ging im Haus. Beinah unheimlich war sein permanent plötzliches Erscheinen im Türrahmen wenn sie ihre Liebsten zu besuch hatte.

Ja , wie sprach er eigentlich mit ihr ? Herabwürdigend ohne dabei ausfallend zu werden. Verletzend ohne dabei konkret zu werden. Er war geschickt darin die Situation auf seine Seite zu ziehen und sie verblüfft stehen zu lassen.

War sie früher nicht schlagfertig ?

Sicherlich, doch rechnet das Opfer in einer Beziehung, geprägt von emotionaler Gewalt, häufig nicht mit dem Angriff einer nahstehenden Person.

„Das hat er nicht so gemeint wie du es aufgefasst hast.“

Sie entschuldigte sich für ihn. Stets erklärte sie im Nachhinein sein Verhalten. Zu groß war die Sorge jemand könnt schlecht über ihn denken. Sie dafür verurteilen sich das gefallen zu lassen.


Drei Wochen nach dem Einzug.


Er packte sie am Hals.

Sie hatte widersprochen. Wurde laut, energisch. Sie hatte sich für ihr Kind eingesetzt und das mit der Stimme einer Mutter der es reichte die Situation mitanzusehen.

Sie streckte den Arm aus, wehrte sie, verletzte ihn dabei am Hals.

„Rufst du die Polizei dann zeige ich ihnen die Kratzer.“ – Er drohte ihr. Leugnete sie gewürgt zu haben.

Er ließ sie fassungslos zurück. Was war da passiert ? Stritt er ab was er getan hatte? Tat er das grade wirklich?

In diesem Moment wurde ihr klar wie abgebrüht er war. Das er im Falle dessen ihr schlimmster Feind werden würden. Das sie es hier mit einem Mann zu tun hatte der einzig und allein auf sich bedacht war und in diesem Fall keine Rücksicht auf die Wahrheit nehmen würde oder das Wohl ihrer Kinder.


Phase zwei der Manipulation.


Sie müsse ausziehen. Solle sich eine Wohnung suchen oder zu ihren Eltern gehen.

Er spielte mit ihrer Existenzangst. Sie hatte zwei kleine Kinder die auf sie und den Wohnraum angewiesen waren, sie hatte alles aufgegeben, verkauft für ihn, für diese Wohnung, dieses gemeinsame Leben und jetzt verwies er sie und ihre Kinder dessen mit einer Entschlossenheit in der Stimme die ihr die Füße kalt werden ließ.

Hinzu kam Entzug von Aufmerksamkeit, Nähe und Geborgenheit.

Er lehnte sie mehr als offensichtlich ab. Zog sich in seiner Welt maximal zurück und trennte ihre Leben räumlich wie in sämtlichen Alltagsabläufen.

Sie befand sich gefühlt in einem Luft leeren Raum. Einerseits war sie entsetzt von seinem Verhalten und sich mehr als bewusst darüber das sie schnellst möglich einen großen Abstand zu ihm einnehmen sollte. Andererseits war die Blase geplatzt für die sie alles aufgegeben hatte. Hatte sie doch alles auf eine Karte gesetzt, hatte ihre Kinder in eine Familie eingeführt und ihnen ein neues Zuhause geschaffen. Sie wollte es nicht wahrhaben und reagierte mit Entzug und Realitätsverschiebung auf sein Verhalten.

Er hatte sie dort wo er sie haben wollte. Das Maximum der Abhängigkeit war erreicht.

Das Fehlverhalten, so suggerierte er es ihr, lag bei ihr. Sie war schuld an seiner Reaktion. Hätte sie sich nicht so unmöglich verhalte, hätte er sie nicht gewürgt. Als er den Griff an ihren Hals im Nachhinein abstritt , so wollte er nur einmal testen wie sie reagieren würde. Gaslighting ist ein beliebtes Werkzeug unter Narzissten und Psychopathen.

Sie glaubte ihm, bettelte ihn förmlich an ihr zu verzeihen, trotz Gewissheit darüber das er sie so hätte nicht anfassen dürfen. „Wir haben uns beide falsch verhalten.“ „Nein nur du hast dich falsch verhalten. Ich habe so etwas noch nie zuvor gemacht. Du hast mich dazu getrieben.“


War ihr Verhalten wirklich so krass? Konnte er nicht verstehen das sie ihr Kind schützen wollte? Sie hatte doch nur die Stimme erhoben und ihm deutlich machen wollen das er dabei war eine Grenze zu überschreiten.

Aber in diesem Haushalt gab er den Ton an. Das erlaubte Ausmaß an Reaktion. Genau so wie er alles andere kontrollierte. Ihr Handy, ihre Kontoauszüge, ihre Gespräche, ihr Eigentum.


Allmählich wurde ihr bewusst welche Rolle sie in diesem Haus spielte und sie begann nach einem Fluchtweg zu suchen.

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